Nichts zu verbergen - nichts zu befürchten?

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Der gläserne Bürger war Thema beim „Dialog Kontrovers“. Diesen Mittwoch ist es die Frage nach der Digitalisierung als Gefahr für die Demokratie.

Vierter Abend in der Reihe Dialog Kontrovers: Der "gläserne Bürger" im Spannungsfeld von Überwachung und Sicherheit wurde diskutiert.

Die vierte Abend in der diesjährigen Veranstaltungsreihe „Dialog Kontrovers“ am 8. Mai stand unter dem Titel „Digitale Transparenz: Der gläserne Bürger zwischen Überwachung und Sicherheit“.

Es diskutierten Wilfried Karl, Präsident der Zentralen Stelle für Informationstechnik im Sicherheitsbereich (ZITiS), und Dr. Dennis-Kenji Kipker, Vorstandsmitglied der Europäischen Akademie für Informationsfreiheit und Datenschutz (EAID), sicherheitspolitische und datenschutzrechtliche Aspekte der Digitalisierung. Claudia Hösel vom Institut für Kompetenz, Kommunikation und Sprachen an der Hochschule Mittweida (IKKS) moderierte die Veranstaltung im Studio B der Hochschule.

Das Spannungsfeld zwischen Sicherheit und Überwachung wurde an diesem Abend immer wieder aufs Neue ausgelotet: Einerseits müssen Bürger vor Terrorismus und anderen kriminellen Machenschaften geschützt werden, andererseits darf dieser Schutz nicht zur totalen Überwachung der Bürger führen – ein ungelöstes Optimierungsproblem, das dezidierte Interessensabwägungen innerhalb eines sachlichen Diskurses erfordert. Dabei gilt es, technologische Maßnahmen zur Aufklärung und Prävention von Straftaten dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung gegenüberzustellen und abzuwägen.

Wilfried Karl (ZITiS) verwies in seinem Statement auf die Veränderungen in der Aufklärungs- und Ermittlungsarbeit und die damit einhergehende Notwendigkeit, technische Werkzeuge zu entwickeln. Wenn Sicherheits- und Ermittlungsbehörden ihren originären Auftrag – Schutz und Sicherheit zu gewährleisten – erfüllen sollen, dann können sie nicht von der Weiterentwicklung der Technik abgeschnitten werden. Die Polizei müsse das, was ihre gesetzliche Aufgabe ist, auch technisch tun können. Karl betonte, dies ändere jedoch nichts an den Grundlagen der Gesetze und Prinzipien wie der Gewaltenteilung und der Überprüfbarkeit des staatlichen Handelns. Dr. Dennis-Kenji Kipker (EAID) betonte, dass die Gewährleistung öffentlicher Sicherheit – insbesondere wenn sie in den präventiven Bereich rückt – einer dezidierten Interessensabwägung bedarf, sowohl im Gesetzgebungsverfahren als auch auf Ebene ihres konkreten Einsatzes.

Wilfried Karl, Präsident der Zentrale Stelle für Informationstechnik im Sicherheitsbereich (ZITiS)Dr. Dennis-Kenji Kipker, Vorstandsmitglied der Europäischen Akademie für Informationsfreiheit und Datenschutz (EAID)

Kipker plädierte dafür, staatliche Überwachungsmaßnahmen nicht einzeln, sondern stets im Kontext aller anderen Überwachungsmaßnahmen – und damit in Summe – zu bewerten. In diesem Kontext verwies er auf die Überwachungsgesamtrechnung, ein Begriff, der aus einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Vorratsdatenspeicherung entstand. In Summe dürfen demnach Überwachungsmaßnahmen nicht dazu führen, dass sich Bürger rundum überwacht fühlen.

Wie würde die Bilanz einer Überwachungsgesamtrechnung wohl im privaten Bereich aussehen – mit einem smarten Saugroboter, der unsere Wohnung kartographiert, kostenfreien Apps auf unseren Smartphones, bei denen wir mit unseren persönlichsten Daten bezahlen, smarten Lautsprechern, die – zumindest technisch – in der Lage sind, alle Gespräche aufzuzeichnen,  … ?

Das Publikum ist ausdrücklich gebeten, mitzudiskutiueren: hier unter anderen Hochschulrektor Ludwig Hilmer und IKKS-Direktor Stefan Busse (2.u.3.v.l.).Enagagiert diskutieren Wilfried Karl (l.) und Dennis-Kenji Kipker (r.). Engagiert moderiert Claudia Hösel.

Diesen Mittwoch, 22 Mai: "Digitalisierte Demokratie zwischen Aufklärung und Fake News"

Die Demokratie gilt als die "menschlichste" Staatsform, weil sie Gerechtigkeit, Teilhabe und Freiheit des Einzelnen am ehesten gewährt, weil sie mit Pluralität und Diversität am besten umzugehen vermag. Vor wenigen Jahren wurde von der digitalen Vernetzung der Menschen (Bürger) noch ein Demokratisierungsschub erwartet. "Social Bots", "Big Nudging" oder "Citizen Scores" scheinen heute für die Möglichkeiten der Verhaltens- und Gesellschaftssteuerung unseres Leben zu stehen. Die demokratische Kultur der Debatte scheint in Meinungsforen zu verkommen. Löst die Digitalisierung die Demokratie auf und ab? Droht eine Automatisierung der Gesellschaft mit totalitären Zügen (China)? Oder braucht es eine Demokratie und Aufklärung 2.0, die auf digitaler Selbstbestimmung beruht?

Ausblick auf die kommenden Dialoge.Es diskutieren am Mittwoch, dem 22. Mai, im Dialog Kontrovers:  Dr. phil. Christoph Meißelbach (Professur für Politische Systeme und Systemvergleich am  Institut für Politikwissenschaft der TU Dresden),  Matthias Trénel  (Geschäftsführer Zebralog GmbH & Co KG Agentur für crossmediale Bürgerbeteiligung Berlin) und Prof. Dr. phil. Janis Brinkmann (Professur für Publizistik in der digitalen Informationswirtschaft an der Fakultät Medien der Hochschule Mittweida). Angehörige aller Fakultäten sowie Bürgerinnen und Bürger sind eingeladen mitzudiskutieren.

Zeit und Ort: Jeden zweiten Mittwoch von 18:15 bis 20:15 Uhr im Studio B, Grunert-de-Jácome-Bau der Hochschule Mittweida (Am Schwanenteich 4b, barrierefrei zugänglich). Die Plätze im Studio B sind begrenzt. Alle Veranstaltungen sind aber auch im Live-Stream zu verfolgen auf „Kanal EINS – Hochschule Mittweida Aktuell“.
Alle Termine, Themen und weitere Informationen sowie Links zu den Aufzeichnungen finden sich stets aktuell hier: www.hs-mittweida.de/dialog-kontrovers