Warum wir das Böse brauchen

Warum wir das Böse brauchen

HSMW-News, HSMW-Top-News

Ringvorlesung vergangene Woche aus der Sicht „böser Menschen“.
Diese Woche: Politische Feindbilder im Blick.

Böser Täter oder böse Tat?<br>Das Böse im Täter - im Visier der<br>Ringvorlesung an der Hochschule Mittweida.

„Das Böse gibt es objektiv definiert gar nicht!“ Diese Behauptung mag überraschen, vor allem, wenn man weiß, dass sie aus dem Munde eines Referenten kommt, der 15 Jahre im Strafvollzug tätig war: Dr. Thomas Galli hatte für einen langen Zeitraum tagtäglich mit Tätern zu tun, war unter anderem Leiter der Justizvollzugsanstalten Zeithain und Torgau.

Den Gästen der Ringvorlesung an der Hochschule am vergangenen Mittwoch erscheint es inzwischen vermutlich nicht mehr so verwunderlich, denn Dr. Galli vermochte es, anschaulich und wissenschaftlich fundiert darzulegen, dass das Böse eben eine kulturelle Konstruktion sei, die ständig neu verhandelt wird. So gesehen, gebe es das objektiv Böse nicht, aber die Gesellschaft brauche das Konzept, um verbindlich und folgenreich zwischen akzeptablem und nicht-akzeptablem Verhalten zu unterschieden.

Dr. Galli, der auf eigenen Wunsch aus dem Staatsdienst ausgeschieden ist, arbeitet seit Oktober 2016 als Rechtsanwalt und kämpft insbesondere für zu Unrecht Verurteilte und für vorzeitige Haftentlassungen. Im Vortrag ging er zunächst auf Grundsätze des Bösen ein, bevor er Überlegungen zum Bösen in Bezug auf das Strafrecht anstellte und unter anderem Kriminalitätstheorien vom 18. Jahrhundert bis in die Gegenwart behandelte.

Aus seiner umfangreichen praktischen Erfahrung schöpfend, verwies Thomas Galli danach auf einige Fallbeispiele, die das Paradox des Strafsystems sehr gut veranschaulichten: „Eigentlich sollten die Taten der Menschen bestraft werden. Die Freiheitsstrafe trifft allerdings den Menschen, nicht die Tat.“ Daher stellte er abschließend einige Ansätze vor, wie das Strafrecht reformiert werden könnte.

An diesem Mittwoch, 30. Mai: Politische Feindbilder am Beispiel Herbert Wehner

Am Mittwoch dieser Woche steht die Ringvorlesung unter dem Titel: „Der Andere als Dämon. Politische Feindbilder am Beispiel Herbert Wehner“. Referent ist Prof. Dr. Christoph Meyer, Professor für Bildung und Kultur an der Fakultät Soziale Arbeit der Hochschule Mittweida.

Öffentliche Ringvorlesung im Sommersemester an der Hochschule Mittweida: 13 Veranstaltungen gehen „dem Bösen“ auf den Grund.

Nach 2012, 2014 und 2016 gibt es zum vierten Mal es an der Hochschule Mittweida eine öffentliche Ringvorlesung. Alle zwei Jahre findet sie im Wechsel mit der 2017 erfolgreich gestarteten Veranstaltungsreihe „Dialog kontrovers“ statt. Beide Formate werden vom Institut für Kommunikation, Kompetenz und Sport an der Hochschule (IKKS) organisiert.

In diesem Semester geht es um „das Böse“: Das Böse ist überall. Es scheint uns täglich zu begegnen - in den Nachrichten über Terrorangriffe, Naturkatastrophen, Epidemien, über Amokläufe oder die Unbarmherzigkeit politischer Autokraten, aber auch als Lüge, Betrug und Täuschung im menschlichen Miteinander.

Die einzelnen Vorlesungen gehen dem Bösen über seine vielen Erscheinungsformen hinweg auf den Grund. Dreizehn Vorlesungen mit Referentinnen und Referenten aus unterschiedlichen Disziplinen und Institutionen beleuchten, klären auf – und regen an zum Gespräch. Bürgerinnen und Bürger sind herzlich eingeladen.

Die Vorlesungen finden im Zeitraum vom 21. März bis 20. Juni 2018 immer mittwochs von 18:15 Uhr bis ca. 20:00 Uhr im Zentrum für Medien und Soziale Arbeit der Hochschule Mittweida (Bahnhofstraße 15) statt. Der Veranstaltungsort ist barrierefrei zugänglich. Der Eintritt ist kostenlos.

Die Vorlesung ist auch per Live-Stream auf "HSMW 1 aktuell" und auf facebook zu sehen. Darüber hinaus werden (fast) alle Vorlesungen aufgezeichnet und auf dem YouTube-Kanal der Hochschule bereitgestellt. Hier geht es direkt zur Aufzeichnung der Vorlesung von Dr. Thomas Galli.

Ausführliche Informationen zur Ringvorlesung mit allen Terminen und Themen sowie den Links zur Aufzeichnung  finden sich hier.