In Mittweida schlägt das digitale Herz der Zukunft

In Mittweida schlägt das digitale Herz der Zukunft

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Interdisziplinäres Blockchain-Institut gegründet. Partner aus Wirtschaft, Wissenschaft und Verwaltung stehen für Anwendungsnähe und Transfer.

Für die nächste digitale Revolution:<br>neues Institut an der Hochschule Mittweida

Kryptowährungen, Smart Contracts, Blockchain – Begriffe, die für eine junge Technologie und eine grundlegende Veränderung in der Wirtschaft und in der Verwaltung stehen.

Die Hochschule Mittweida gründete am Donnerstag dieser Woche das „Blockchain Competence Center Mittweida“ (BCCM), ein Institut mit fachübergreifenden Kompetenzen in Informatik, Mathematik, Automatisierungstechnik sowie Wirtschafts- und Rechtswissenschaften. Das BCCM bündelt diese Kompetenzen und ist Ansprech- und Entwicklungspartner für Institutionen und Unternehmen der Finanz- und Realwirtschaft sowie der Politik und des Staatswesens.

Rektor Ludwig Hilmer begrüßte die Gründungsversammlung. Er sieht die Institutsgründung im größeren Horizont der Digitalisierung der Bildung und des Hochschulwesens. Das sei ein Paradigmenwechsel. "Wir wollen dabei sein und uns mit unseren Partnern auch aufmachen in die Blockchain-Zukunft, so Hilmer. "Mittweida ist der Ort, in dem das digitale Herz der Zukunft schägt.“ 

Von Anfang an mit Partnern

Zum Gründungsakt kamen neben Wissenschaftlern aus verschiedenen Diszplinen der Hochschule auch zahlreiche Partner aus anderen Institutionen. Das an der Fakultät Angewandte Computer- und Biowissenschaften angesiedelte BCCM hat sie von Anfang an mit ins Boot genommen, sie sind Gründungsmitglieder oder "Gründungspaten" des Instituts: darunter Vertreter der Volksbank Mittweida eG, der msg systems ag, von T-Systems oder der Stadt Mittweida. Weitere Unternehmen aus der Region waren ebenso vertreten wie die Deutsche Bundesbank, die Deutsche Bahn, die SAP AG oder IBM.

Einer der Gründungspaten, Leonhard Zintl, Vorsitzender der Volksbank Mittweida eG, sprach darüber, wie die Bank auf die Veränderungen durch die Technologie reagieren will: „Man kann entweder nur die Probleme sehen oder eben das Potenzial“, so Zintl. „Einer Volksbank geht es gut, wenn es der Region gut geht. Und bei allem, was unsere Region weiterbringt, wollen wir direkt dabei sein."

Faszinierende Technologie Blockchain

Prof. Dr.-Ing. Andreas Ittner ist der Direktor des BCCM. Er stellte die Mitwirkenden und die Aufgaben des Instituts vor - und erklärte auch noch einmal, was sich hinter der faszinierendenen Blockchain-Technologie verbirgt:
Blockchain ist eine Kette (engl. "chain") von zeitlich aufeinanderfolgenden Datenblöcken, die Wert-Transaktionen enthalten. Diese Blöcke sind verschlüsselungstechnisch miteinander verwoben, so dass es im Nachhinein nicht mehr möglich ist, einzelne Bestandteile dieser Kette zu löschen oder zu verändern. Vereinfacht könnte man sagen, die Prüfsumme eines Datenblocks wird in den jeweils nachfolgenden Datenblock mit hineingeschrieben, so dass dessen Prüfsumme von der des Vorgängerblocks abhängt. Das schafft Fälschungs- und Revisionssicherheit.

Was in Form der digitalen Währung „Bitcoin“ in den Jahren 2008/2009 als erste Blockchain-Anwendung entstand, dominiert gegenwärtig alle IT-Medien. Viele Experten sind jedoch der Meinung, dass die Blockchain-Technologie darüber hinaus revolutionären Charakter besitzt, so Ittner. Finanzielle Prozesse könnten viel schneller und vor allem auch preiswerter abgewickelt oder überhaupt erst ermöglicht werden (zum Besipiel die elekronische Zahlung von Kleinstbeträgen, sogenanntes "Micro- und Nano-Payment"). Digitale Nachweisketten (Supply-Chain in der Blockchain) oder Notariatsfunktionen seien weitere Anwendungsgebiete.

Ittner verschwieg neben den vielen Möglichkeiten nicht die Probleme und Herausforderungen, mit denen man noch zu kämpfen habe: So sei das Know-how bis jetzt ausschließlich in der IT-Szene vorhanden. Außerdem befänden sich die damit möglichen Wertströme im Netz gegenwärtig in einem vollkommen rechtsfreien Raum. „Hier fehlen einfach die Leitplanken.“ Und schließlich fehlten Best-Practice-Beispiele und Interdisziplinarität, die zum Vertrauen in die neue Technolgie beitragen. Auf diese Herausforderungen will das BCCM antworten und als Ansprech- und Entwicklungspartner für die Institutionen und Akteure sein, die sich mit der Blockchain-Technologie und vor allem ihren möglichen Anwendungen befassen.

Arbeitsgruppen des BCCM beschäftigen sich unter anderem mit dem „Internet of things“, „(Micro-)Payment“ und Buchungssystemen sowie mit digitalen Identitäten und Nachweisdokumentation. Es laufen an der Hochschule bereits auch zahlreiche studentische Projekte in diesem Bereich, darunter eines, das sich mit der Evaluierung blockchain-basierter Zertifikate wie Studien-Credits oder Prüfungsleistungen beschäftigt.

Mittweida ist Vorreiter: Blockchain studieren

Neben anwendungsnaher Forschung und dem Transfer von der Wissenschaft in die Praxis ist auch die Enwicklung von Studien- und Weiterbildungsangeboten Aufgabe einer Hochschule. So wird die Hochschule Mittweida schon im kommenden Jahr einen  bilingualen viersemestrigen Masterstudiengang „Blockchain & Distributed Ledger Technologies“ anbieten - und damit Vorreiter sein. Blockchain kann man in Europa sonst derzeit auschließlich auf Zypern studieren.

Schon vor dem Start des Studiengangs wird es in Mittweida weitere Veranstaltungen zum Thema Blockchain geben: die Autumn School Blockchain 18.-22.9.2017 für Vertreter von Anwender- und Beratungsunternehmen sowie Studierende (deutschlandweit), das 9. Blockchain Meetup Saxony am 19.9.2017 (offen für alle) und die Blockchain-Konferenz der Akademie Deutscher Genossenschaften ADG am 27./28.11.2017 (gemeinsam mit der Volksbank Mittweida eG).

Mehr Informationen zum Blockchain Competence Center Mittweida (BCCM) finden sich auf der Internetseite des Instituts.

(Fotos: Helmut Hammer)