Sicher flüchten vor der Flut

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Hochschule Mittweida präsentiert smartphone-basierte Sensorik für Brücken im Katastrophenfall. Deutsch-indische Zusammenarbeit im Projekt „FloodEvac“.

Maik Benndorf (Hochschule Mittweida, rechts) und<br>Maximilian Garsch (Universität der Bundeswehr) platzieren<br>das Smartphone für die Demonstration der Messung.<br>(Foto: Bayerische Rundschau/Jürgen Gärtner)

Extreme Hochwasser verursachen fast überall auf der Welt immer wieder große Schäden und fordern viele Menschenleben. Überlebenswichtiger Faktor in solchen Katastrophenfällen sind Fluchtwege: Straßen und Brücken, auf denen Menschen aus den Überschwemmungsgebieten fliehen und auf denen Hilfskräfte die Gebiete erreichen können.

Diese Transportinfrastruktur steht im Zentrum eines vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten deutsch-indischen Forschungsprojekts, an dem auch die Hochschule Mittweida beteiligt ist. Der Forschungsverbund des Projekts „FloodEvac“ konzentriert sich darauf, die Verwundbarkeit der Transportwege zu analysieren sowie Warn- und Evakuierungssysteme aufzubauen.

Im oberfränkischen Kulmbach kamen dazu in der vergangenen Woche die Wissenschaftler des Forschungsprojekts zusammen und präsentierten zur Halbzeit des Projekts ihre aktuellen Ergebnisse.
Unter den sieben deutschen und zwei indischen Forschungsteams waren mit Professor Thomas Haenselmann und Maik Benndorf auch zwei Forscher der Hochschule Mittweida. Sie stellten ihr Teilprojekt  „Smartphonebasierte Sensorfusion" vor.

Rettende Brücken

Das von den Forschern der Hochschule Mittweida in Kooperation mit der Universität der Bundeswehr München entwickelte Verfahren erfasst die Vibrationen einer Brücke über die Sensoren des Smartphones.
Die Schwingungen sind Indikator für eine Veränderung der Tragfähigkeit der Brücke. Sind keine professionellen Messgeräte zur Stelle, kommt nun die Schwingungsmessung mit einem handelsüblichen Smartphone zum Einsatz. Die gewonnenen Daten werden mit den Messwerten vor dem Hochwasserereignis verglichen und lassen so zuverlässige Rückschlüsse bzw. Vorhersagen zu.

Die Funktionsweise des Verfahrens konnte in Kulmbach "am Objekt", einer Brücke über dem Weißen Main, vorgeführt werden. Das System führt zu einer schnelleren und effizienteren Bewertung der Transportwege und hilft letztlich, den Rettungseinsatz zu optimieren.

Eine wissenschaftliche Verwertung dieser Arbeit findet im November auf der IEEE Sensors in Orlando (Florida, USA) statt.

Zu den anderen Praxisdemonstrationen gehörte auch ein von der Jacobs University Bremen entwickelter Unterwasserroboter, mit dem beschädigte und unterspülte Brückenfundamente gefunden werden können. Diese Informationen lassen auf die Belastbarkeit der Brücke im Fall eines Hochwassers schließen.

Wie die Hochschulstadt Mittweida in den Jahren 2002 und 2013 war die Stadt Kulmbach im Jahr 2006 von einem inländischen Hochwasser betroffen. Damals fielen innerhalb kürzester Zeit bis zu 80 Liter Niederschlag je Quadratmeter, die schließlich in großen Teilen der Stadt zu Überschwemmungen führten. Als Konsequenz sind Risikokarten entstanden, die für die Forscher eine gute Datengrundlage bilden und die letztlich dazu führten, dass der Forschungsverbund diesen Ort für seine Demonstration auswählte.

Großes Interesse am Forschungsgegenstand der Fluthilfe zeigten auch Dr. Wolf Junker vom Referat Sicherheitsforschung des BMBF sowie Vertreter des Technischen Hilfswerks und des Deutschen Roten Kreuzes.

Evakuierung ohne Panik

Die Mittweidaer Forscher beschäftigen sich zusätzlich mit dem Informationsgewinn aus den Sensordaten von Smartphones. Dabei ist es das Ziel, in diesen Daten Muster zu finden, die dem Ersthelfer die Situation vor Ort besser einzuschätzen lassen. Dies ist zum Beispiel die Bewegungsrichtung einer Gruppe Flüchtender, anhand deren Wegewahl auf blockierte Straßen geschlossen werden kann. Auch abstraktere Informationen, wie die Alterszusammensetzung der Betroffenen, sollen anhand der Messwerte interpretiert werden. Ausgestattet mit diesen Informationen lässt sich das Verhalten der Menschen genauer vorhersagen und ein Rettungseinsatz exakter planen.

Indien und Deutschland haben ähnliche Probleme mit Hochwasser - deshalb die Zusammenarbeit. Beteiligt sind sechs deutsche und zwei indische Partner. Dazu zählen neben der Hochschule Mittweida, die Münchner Universität der Bundeswehr, die Technische Universität München, die indische Amrita-Universität und die Freie Universität Berlin.
In der zweiten Hälfte des Forschungsprojektes geht es nun darum, die Partner stärker untereinander zu vernetzen und die Ergebnisse auf den indischen Raum zu übertragen.

 

Weitere Informationen zum Forschungsprojekt FloodEvac hier

Weitere Informationen zum Projekt an der Hochschule hier