50 Jahre Lasertechnik an der Hochschule Mittweida
50 Jahre Lasertechnik an der Hochschule Mittweida
Laserforschung mit internationalem Ruf feiert Jubiläum. Festveranstaltung mit Zeitzeugen und Open Air mit 1400 Geburtstagsgästen.
Das hatte Mittweida noch nicht erlebt: eine Geburtstagsfeier als großes Open-Air-Event auf dem Technikumplatz mit den Firebirds, den Physikanten und einer nächtlichen Lasershow. Rock’n’Roll, Physik und Lichtkunst – das alles passte prima zum Fünfzigsten der Jubilarin: der Laserforschung in Mittweida.
Am Donnerstag, 19. Juni, feierte das Laserinstitut Hochschule Mittweida (LHM) mit der gesamten Hochschule und den Menschen aus der Region – bei freiem Eintritt – „50 Jahre Lasertechnik in Mittweida“. Professor Alexander Horn, Direktor des LHM, erklärt, warum man nicht unter sich geblieben ist: „Wir verbinden Spitzenforschung am Laser mit Anwendungen des Lasers, von denen viele im Alltag profitieren. Auch deshalb feiern wir nicht abgehoben, sondern mit den Bürgerinnen und Bürgern. Es mag überraschen, aber der Laser macht zum Beispiel künstliche Hüftgelenke haltbarer und Oberflächen schmutzabweisend. In der recht neuen Disziplin Biophotonik nutzen wir gezielt die Wirkung von Licht – nichts anderes ist ein Laserstrahl – auf Biomoleküle. Sie ist ein wichtiges Instrument für die Entwicklung von Medikamenten. Aber auch in der Raumfahrt findet sich Laser-Knowhow aus Mittweida.“
Rund 1400 Menschen folgten der Einladung und genossen bei bestem Sommerwetter einen spannenden, unterhaltsamen und ausgelassenen Abend. Die beeindruckende Lasershow mit neun Projektoren kam dabei nicht ohne Bildungsauftrag aus: So erfuhren die Gäste auf dem Technikumplatz auch einiges über die Geschichte der Lasertechnik und der Laserforschung an der Hochschule Mittweida.
In den Top-Ten der Laserforschungseinrichtungen
Anfang der 1970er Jahre gründete sich das erste Laserlabor an der damaligen Ingenieurhochschule Mittweida. Es war eines der ersten für die vergleichsweise junge und aussichtsreiche Technologie auf deutschem Boden und nach der Wiedervereinigung eine der wenigen Forschungseinrichtungen in den neuen Bundesändern, die sich behaupten konnten.
Seit den 1990er Jahren hat die Mittweidaer Laserforschung wachsenden Erfolg im vereinigten Deutschland. Heute gehört das Laserinstitut Hochschule Mittweida (LHM) in die Top-Ten der Laserforschungsinstitute in Deutschland – mit mehr als 3,5 Millionen Euro Drittmitteleinnahmen im Jahr.
Im Jahr 2010 erhielt die HSMW den Zuschlag für das bundesgeförderte Forschungsgebäude auf dem Schillerberg in Mittweida im Umfang von 21 Millionen Euro und zusätzlich 5 Millionen Euro für neue Großgeräte. Es war der erste Forschungsneubau an einer Hochschule für angewandte Wissenschaften (HAW) überhaupt, der vom Bund finanziert wurde.
„Hochschul- und Laserstadt Mittweida“
Beim Geburtstagsempfang am Nachmittag des 19. Juni im TV-Studio der Hochschule wurde die Geschichte der Laserforschung in Mittweida lebendig. Zeitzeugen aus fast 50 Jahren traten auf, erzählten Anekdoten. Aber auch alle sechs aktuellen Professoren des LHM bekamen ihre Bühne, um in kurzen Vorträgen ihre Forschung vorzustellen und einen Ausblick auf die Zukunft zu geben. (Die Vorträge aus dem Pitch werden demnächst in lockerer Folge unter Fokus-Forschung erscheinen.)
Professor Alexander Horn, Direktor des LHM, sagte am Nachmittag: „Die Feierlichkeiten zum 50-jährigen Jubiläum sind eine Gelegenheit, auf die bedeutenden Errungenschaften zurückzublicken und gleichzeitig einen Ausblick auf die zukünftigen Entwicklungen in diesem spannenden Feld zu geben. Sie bieten auch eine Plattform, um die Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft, Industrie und Bildung zu stärken und neue Partnerschaften zu fördern.“
Als Gratulant:innen kamen zu Wort: Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer in einer kurzen Videobotschaft. Mehr Zeit nahmen sich live im Studio Rektor Professor Volker Tolkmitt, die neue Staatssekretärin im sächsischen Wissenschaftsministerium, Professorin Heike Graßmann, und Mittweidas OB Ralf Schreiber.
Der Rektor der HSMW zeichnete die Geschichte der Laserforschung nach und betonte, dass die frühen Erfolge die Grundlage für die zweite und größere Erfolgsgeschichte der Laserforschung nach 1990 waren. Tolkmitt sagte „Der kurze Blick zurück zeigt […] eben auch, dass es nicht einfach ein Forschungsjubiläum ist, sondern […] zeigt die Neugier, den Innovationsgeist an dieser Hochschule, sich neue Forschungsgebiete zu erschließen, sie hartnäckig weiter zu verfolgen, generationsübergreifend weiterzuentwickeln, mit ausgeprägtem Willen, diesem identifizierten Forschungsfeld Leben einzuhauchen – und sich dann mit den Besten messen zu wollen. Das ist etwas, was diese Hochschule auszeichnet […]. Das ist der eigentliche Grund zu feiern.“
Staatssekretärin Professorin Heike Graßmann hatte wenige Stunden zuvor die HSMW und das LHM erst kennengelernt. Sie war sehr beeindruckt und so klang sie überzeugt, als sie sagte: „Auf diesem Weg ist das Laserinstitut nicht nur zu einem exzellenten Teil der Hochschule Mittweida geworden […]. Es gehört […] zu den führenden Forschungseinrichtungen in der Lasertechnik in Deutschland und, das ist ja das Wichtige, es ist weltweit damit auch anerkannt. Damit hat es gleichzeitig […] seinen festen Platz in der Wissenschafts- und Forschungslandschaft Sachsens inne. Ihr Engagement, Ihre Weitsicht […] haben dazu beigetragen, dass Sachsen heute ein Standort der Spitzenforschung und der technologischen Exzellenz ist. Mit Ihren Projekten und Partnerschaften schärfen Sie das Profil des Freistaates im internationalen Wissenschafts- und Technologiewettbewerb.“
Seit 2016 arbeiten im Forschungsneubau des LHM auf dem Mittweidaer Schillerberg sechs Professoren mit inzwischen über 50 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern an der Erforschung der faszinierenden Anwendungen des Lasers in Industrie, Medizin und Raumfahrt. Das LHM vereint beides: die für HAW-untypische Grundlagen- und die HAW-typische anwendungsnahe Forschung in enger Verbindung zur Industrie. Davon zeugen viele Patente und die große Zahl an Forschungsprojekten sowie zahlreiche erfolgreiche Ausgründungen.
Gerade diese auch wirtschaftliche Ausstrahlung der Laserforschung an der Hochschule auf seine Stadt und die Region war dem Mittweidaer Oberbürgermeister wichtig zu betonen. Er zählte alle sieben Ausgründungen auf und stellte die dort entstandenen nachhaltigen und modernen Arbeitsplätze heraus. „Das trägt uns für die Zukunft“, sagte Ralf Schreiber und bot an, dass sich die Stadt in Zukunft auch „Hochschul- und Laserstadt Mittweida“ nennen könne.
Aktuelle Forschung auf der Mittweidaer Lasertagung
Die Forschung am LHM steht auf zwei Säulen: zum einen die Lasernano- und -mikrotechnologie und zum anderen die Hochrate-Technologie – das heißt zum einen das Arbeiten in Größenordnungen von einem Millionstel Millimeter und um zum anderen das Arbeiten mit extrem hohen Geschwindigkeiten von über einem Kilometer pro Sekunde. Eine dieser oder beide Technologien finden sich in allen Lasertechnologiefeldern wieder, sei es in der Laserbasierten Additiven Fertigung, der Laserpulsabscheidung, der Lasermikrobearbeitung, der Laser-Bionik, der Biophotonik, der ultraschnellen Messtechnik oder in der digitalen Optik und EUV-Bildgebung mittels extrem ultravioletter Strahlung.
Im Frühjahr 2025 ist es zudem den Wissenschaftler:innen am LHM erstmals gelungen, ein Bauteil aus Metall von rund zwei Metern Länge mittels pulverbettbasiertem 3D-Druck herzustellen. Möglich macht dies die neueste Entwicklung aus dem LHM: das Makro-SLM-Verfahren (Selektives Lasermakroschmelzen), das Metallpulver per Laserstrahl aufschmilzt und so das Bauteil Schicht für Schicht aufbaut. Damit können großvolumige Bauteile sehr schnell und kosteneffizient aus Metall gedruckt werden.
Dem Geburtstagsfest ging am 18. und 19. Juni ein zweitägiger Fachkongress voraus, die 14. Mittweidaer Lasertagung. Die Tagung zog über 120 Expert:innen aus Wissenschaft und Industrie an, die in zahlreichen Vorträgen und wissenschaftlichen Postern ihre Forschungsergebnisse und deren praktische Anwendungen präsentierten. Höhepunkte der Tagung waren die Keynotes von Professor Markus Gräfe von der Technischen Universität Darmstadt, der zur Quantenabbildung mit nicht detektiertem Licht sprach, und von Dr. Anna Ziefuß von der Universität Duisburg-Essen, die in ihrem Vortrag vorstellte, wie lasergenerierte Nanopartikel den 3D-Druck veredeln.
Neben den wissenschaftlichen Beiträgen war die Tagung auch Plattform für den Austausch zwischen jungen Forschenden und etablierten Expert:innen. So konnten beim Netzwerkabend am Mittwoch am Laserinstitutsgebäude bei sommerlichen Temperaturen nicht nur bestehende Kontakte aufgefrischt, sondern auch ganz unkompliziert neue Kooperationen angebahnt werden. Diesen Mix aus fachlichem Input und persönlichen Gesprächen schätzten auch die Firmenaussteller, die ihre Produkte und Dienstleistungen aus dem Bereich der Lasertechnologien präsentierten. Die Mittweidaer Lasertagung findet alle zwei Jahre im Wechsel mit ihrer „Schwestertagung“ an der Ernst-Abbe- Hochschule in Jena statt, das nächste Mal voraussichtlich im Herbst 2027.
Text: Helmut Hammer
Fotos: Jacob Golde, Helmut Hammer