624 Gründe zu feiern

624 Gründe zu feiern

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Die Hochschule entlässt ihre Absolvent:innen des vergangenen Wintersemesters. Feierliche Exmatrikulation in der Evangelischen Stadtkirche.

Same procedure ..., aber jedesmal fliegen und landen die Hüte anders. Nicht nur deshalb ist jeder Absolvent:innen-Jahrgang der Hochschule Mittweida ein ganz besonderer. (Foto: André Wirsig)

Auch wenn die Bilder sich ähneln – es ist niemals wirklich „same procedure as every year“, wenn die Hochschule Mittweida ihre frischgebackenen Absolvent:innen feiert. Heute kamen 210 von Ihnen mit rund sechshundert Angehörigen in die Evangelische Stadtkirche. Für jede:n Einzele:n war es ein besonderer, wahrscheinlich einmaliger, Moment: nach dem erfolgreichen Studienabschluss von den Professor:innen beglückwünscht und „behütet“ zu werden.

So war auch das „Prozedere“ für die Hochschule Mittweida wieder besonders. Sie feiert sich zu Recht ja immer mit – und das diesmal mit 624 guten Gründen. So viele Absolvent:innen hat sie zwischen Anfang Oktober 2023 und Ende März 2024 in eine berufliche oder weitere akademische Karriere entlassen. Die Feierliche Exmatrikulation steht also auch dafür: Lehrende sowie Mitarbeiter:innen in den Fakultäten und im Hochschulmanagement haben dazu beigetragen, dass die Hochschule ihre Hauptaufgabe erfolgreich erfüllt, nämlich Menschen akademisch auszubilden und zum Studienabschluss zu führen. Unter ihnen sind nicht nur junge Menschen – die jüngste Absolventin ist 21 Jahre alt, aber auch die mit 55 Jahren beiden ältesten Absolvent:innen gehen mit dem Abschluss aus Mittweida in eine neue Zukunft.

Freiheit und Verantwortung

Die evangelische Studierendenpfarrern Nina-Maria Mixtacki begrüßte die Festgemeinde im vollbesetzten Kirchenschiff mit einer Weisheit des Apostels Paulus, der diese vor rund 2000 Jahren an die junge christliche Gemeinde im antiken Korinth weitergab: „Alles ist mir erlaubt, aber nicht alles dient zum Guten. Alles ist mir erlaubt, aber nichts soll Macht über mich haben.“ (1. Korintherbrief 6, 12) Korinth „war eine sehr heterogene Gesellschaft und es wurde sehr um ein Miteinander gerungen. Also quasi wie heute“. Unmissverständlich übertrug Mixtacki die Mahnung des Paulus auf das Hier und Heute: „Natürlich ist mir erlaubt, in den kommenden Wahlen zu wählen, wen ich will. Aber vielleicht dienen nicht alle, die da auf der Wahlliste stehen, uns allen zum Besten. Denn es gibt Parteien, die denken, ihnen wäre alles erlaubt.“ 

Mit dem Aufruf Nelson Mandelas „The time has come to accept in our hearts and minds that with freedom comes responsibility“ ermutigte die Pfarrerin die Absolvent:innen: „Wir haben alle Freiheit, aber wir müssen sie verantwortlich wahrnehmen. Alles ist dir erlaubt. Diene dem Guten. Erinnern Sie sich an Ihre Verantwortung, die mit Ihren Möglichkeiten kommt.“

„Follow the Yellow Brick Road“

Festredner Professor Peter Hehne, Honorarprofessor für Kriminalistik und Kriminologie an der Hochschule Mittweida und Leitender Kriminaldirektor a. D. beim LKA Thüringen, gab spannende Einblicke in 44 Berufsjahre als Kriminalist in zwei unterschiedlichen gesellschaftlichen Systemen.

Ihm gelang es, die eigenen Erfahrungen in Ermutigungen für die Absolvent:innen zu übertragen, seien es fingierte Wohnungseinbrüche oder auch unwahre Aussagen, die aber keine Lügen sind: „Vermuten Sie nicht hinter jeder falschen Aussage eine Intrige. Bleiben Sie offen und anderen zugewandt, seien Sie optimistisch, aber zugleich auch mit wachem Verstand“, denn Menschen sagen aus unterschiedlichen Gründen die Unwahrheit. „Die Menschen, für die wir Straftaten aufklären, und die Liebe zum Beruf sind großartige Triebfedern. Es ist wichtig, dass auch Sie das, was Sie tun, gern tun. Tun Sie es gewissenhaft und im Team. Ziehen Sie Befriedigung aus Ihrer Arbeit. Das wird Sie erfolgreich machen.“

Ein Gaststudium an der FBI National Academy in Quantico Virginia (USA) im Jahr 1996 brachte Hehne nicht nur berufliche Fortbildung und sportliche Erfolge aus dem wöchentlichen Challenge Run ein, sondern auch ein bis heute bestehendes internationales Netzwerk von Kolleg:innen und inzwischen Freund:innen. „Die Zeit in Quantico im Hörsaal und auf dem Challenge Run ist unsere Yellow Brick Road gewesen, die Sie vielleicht aus meinem Lieblingskinderfilm ‚Der Zauberer von Oz‘ kennen. Ich wünsche Ihnen, dass Sie wie Dorothy zielsicher die Yellow Brick Road Ihres Lebens beschreiten können. Stellen Sie sich Ziele im Leben und überwinden Sie Hindernisse.“

Sie sind ein besonderer Jahrgang

Vor Glückwünschen und Hüten stand der offizielle akademische Rausschmiss durch Rektor Professor Volker Tolkmitt. Der gestand, dass er jedem Jahrgang zu jeder Feierlichen Exmatrikulation zuruft: „Sie sind ein besonderer Jahrgang!“, versicherte aber: „Sie sind ein besonderer Jahrgang, weil Sie Ihre eigene Geschichte in Ihrem Studium geschrieben haben, weil Sie der Chronik unserer Hochschulfamilie Ihr eigenes Kapitel hinzugefügt haben!“ In dieses Kapitel gehöre auch der Stolz darauf, dass in der Coronazeit „wir gemeinsam vieles in Lehre und Lernen ausprobiert, Flexibilität und Anpassungsfähigkeit bewiesen und erfolgreich gemeistert haben“.

Auch wenn sich nach dem Abschied von Mittweida die Zeit im Hörsaal, im Labor und im Studentenclub nostalgisch verkläre, so der Rektor, „bitten wir Sie, sich nicht nur zu erinnern, sondern ab und zu zurückzukommen, als Alumni oder Kooperationspartner mit Ihrem Unternehmen, als Lehrende, als Forschende“.  Und schließlich: „Ich exmatrikuliere Sie aus der Gemeinschaft der Studierenden, der Lehrenden, der Forschenden und der wissenschaftsunterstützenden Bereiche der Hochschule Mittweida... Sie bleiben Teil der Hochschulfamilie, aber machen Sie, dass Sie rauskommen, und gehen Sie hinaus in die Welt!“

Herausragende Abschlussarbeiten

Die Feierliche Exmatrikulation ist eine gute Gelegenheit, herausragende Abschlussarbeiten zu prämieren. Der mit eintausend Euro dotierte Carl-Georg-Weitzel-Preis, benannt nach dem ersten Direktor des Technikums Mittweida, ging heute an zwei Absolventen der Fakultät Medien.

Dieselbe Fakultät – aber gänzlich unterschiedliche Themen: „Kommunikation und Nachwuchssuche für bürgerschaftliches Engagement im ländlichen Raum Sachsens“, lautet der Titel der ausgezeichneten Masterarbeit von Stefan Kirsten. Kirsten studierte „Media and Communication Studies“ und untersuchte, wie es gelingen kann, bürgerliches Engagement zu stärken. Aus seinen Erkenntnissen erarbeitete er einen Zwölf-Punkte-Praxisleitfaden für die Nachwuchsarbeit in Organisationen.

Der zweite Preisträger Vincent Ritter ist Absolvent des Bachelorstudiengangs „Media and Acoustical Engineering“. In seiner Arbeit „Virtual Reality (VR)-Tools in der raumakustischen Planungspraxis“ hatte sich Ritter vorgenommen, mittels VR-Brille und Kopfhörern reale Räume nicht nur visuell abzubilden, sondern gleichzeitig den unterschiedlichen Klang realer und simulierter Quellen im Raum auch akustisch erlebbar zu machen. Erfolgreich in Anwendung umgesetzt hat Ritter seine Überlegungen am Beispiel des Konzerthauses Blaibach im Bayerischen Wald mithilfe der aus dem Game-Bereich bekannten Entwicklungsumgebung Unity.

Zahlen bitte

Je zwei Frauen und Männer haben mit der Traumnote 1,0 abgeschlossen. Der Gesamtdurchschnitt lag bei 1,9. Die HSMW feiert 22 Doppelabschlüsse, darunter sechs von ukrainischen Absolvent:innen. Insgesamt 161 internationale Absolvent:innen erhalten eine Graduierungsurkunde mit dem blauen Logo der HSMW. Das sind ein Viertel. Den Bachelor hat sie am häufigsten vergeben: 359-mal, dann Master (140), Diplom (117) und Zertifikate (9).

Die Fakultät Medien stellte die meisten Absolvent:innen: 162. Es folgen Wirtschaftsingenieurwesen (151), Angewandte Computer-und Biowissenschaften (124), Ingenieurwissenschaften (97) und das Institut für Wissenstransfer und digitale Transformation (IWD) (6). Die Fakultät Soziale Arbeit wurde nicht unterschlagen, sie bekommt aber ein Extralob, denn sie stellte heute die größte Gruppe in der Kirche: 55 ihrer 84 Absolvent:innen haben sich angemeldet. Der Altarraum war deshalb weiblicher geprägt, als es der Männeranteil von rund 57 Prozent aller Absolvent:innen der HSMW erwarten ließ.