Von Sachsen aus: Mit Mathematik gegen Malaria – und auch das Coronavirus

Von Sachsen aus: Mit Mathematik gegen Malaria – und auch das Coronavirus

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Wissenschaftler aus Kamerun war ein Jahr Gastprofessor in Mittweida. Die Corona-Pandemie brachte neue Forschungsthemen für den Mathematiker und seine Kollegen.

Antrittsvorlesung an der Hochschule Mittweida: Professor Gideon Akumah Ngwa stellt sein Forschungsgebiet vor: die mathematische Modellierung der Verbreitung von Malaria.
Antrittsvorlesung an der Hochschule Mittweida: Professor Gideon Akumah Ngwa stellt sein Forschungsgebiet vor: die mathematische Modellierung der Verbreitung von Malaria.

Ein Jahr lang bis Ende Oktober war Professor Gideon Akumah Ngwa Teil der Mittweidaer Hochschulfamilie, lehrte und forschte an der Fachgruppe Angewandte Mathematik der Hochschule. Die mathematische Modellierung der Ausbreitung von Malaria ist der Forschungsgegenstand, der den Professor von der Universität Buea in Kamerun mit seinem Mittweidaer Kollegen Kristan Schneider verbindet.

Nach Begegnungen der beiden auf verschiedenen wissenschaftlichen Veranstaltungen auf dem afrikanischen Kontinent und bei einem ersten 10-tägigen Workshop in Mittweida im Jahr 2018 ermöglichte im Jahr 2019 das DAAD-Gastdozentenpropgramm den einjährigen Aufenthalt von Professor Ngwa an der Hochschule Mittweida.

Hier lehrte er im Masterprogramm „Applied Mathematics for Network und Data Sciences“. Hinzu kam die intensive Arbeit an der Forschung zur Modellierung von Malaria – sowie wegweisende Forschungsarbeiten zur mathematischen Modellierung von COVID 19. Denn die Corona-Pandemie hat auch die Wissenschaftler in Mittweida vor Herausforderungen gestellt. Malaria kostet allein in vielen Teilen des tropischen Afrikas jährlich hundertausenden Menschen das Leben. Sie wird zwar über Mücken von Mensch zu Mensch übertragen, aber die Werkzeuge der mathematischen Modellierung lassen sich auch auf die Ausbreitung des Covid-19-Virus anwenden.  

Coronapandemie verändert Forschungsthemen

„Mit Prof. Ngwa, Prof. Miranda Teboh-Ewunkem von der Lehigh University (USA) und Kollegen aus dem African Institute of Mathematical Sciences haben wir eine Gruppe von Experten in der mathematischen Modellierung von Infektionskrankheiten zusammengetrommelt und Vorhersagemodelle für COVID-19 entwickelt, die eine realistischere Responsedynamik haben als konventionelle Modelle und auf spezielle Fragestellungen zugeschnitten sind.“, so Kristan Schneider, Professor für Angewandte Mathematik an der Professur Computer- und Biowissenschaften der Hochschule Mittweida.
Grundlage für diese Forschungen bildete das Simulationstool Covidsim.eu von Prof. Marin Eichner (Epimos GmbH) und Dr. Markus Schwehm, ExploSys GmbH), zwei kooperierende Wissenschaftler, entwickelt wurden.
Die Ergebnisse sind hier veröffentlicht.

Hier wie dort: Das Kontaktverhalten ist entscheidend. Bei Malaria muss man wissen, wo und wie Stechmücken brüten, um die Übertragung auf den Menschen einzudämmen. Ansätze und Ergebnisse seiner Forschung erklärt Prof. Gideon Ngwa … … bei seiner Antrittsvorlesung im Januar 2020.

So sagten bereits im Frühjahr die mathematischen Simulationen voraus, dass konsequente Kontaktbeschränkungen (z.B. Social Distancing, Maskenpflicht, strenge Abstandsregeln und teilweise Lockdowns) sehr effizient sein würden, um den epidemischen Peak zu verringern, mehr Zeit zu gewinnen und das Gesundheitssystem zu entlasten. Alle Maßnahmen des Frühjahrs/Sommers machten nur in Kombination mit einer zweiten „Isolationsphase“ wirtschaftlich Sinn, so die Mathematiker aus Mittweida.
Die Ergebnisse sind hier veröffentlicht.

In einem weiteren Simulationsmodell untersuchen sie, wie effizient Menschen in Pflegeheimen geschützt werden können, wenn man das Personal regelmäßig auf COVID-19 testet, und nur Besucher zulässt die einen negativen COVID-19 Test vorlegen können, bzw. symptomfrei sind. Die Berechnungen ergaben: Werden die Mitarbeitenden in der Einrichtung einmal alle 7 bis 14 Tage getestet, können die Infektionszahlen in Pflegeeinrichtungen um bis zu 90 Prozent gesenkt werden.
Die Ergebnisse sind hier veröffentlicht.

Aufenthalt in Mittweida: Booster für die akademische Karriere

Auch über die konkreten Forschungsergebnisse hinaus war die Zeit an der Hochschule Mittweida für Gideon Ngaw ein Gewinn. Er urteilt im Rückblick: „Mein Aufenthalt in Mittweida ist ein echter Booster für meine akademische Karriere als Mathematiker. Ich habe in diesem einen Jahr in Bezug auf die internationale Zusammenarbeit und den akademischen Output mehr erreicht als in vielen Jahren vor dieser Berufung. Ich bin – auch durch die corona-bedingten digitalen Formen der Lehre – jetzt besser gerüstet, durch Online-Aktivitäten über internationale Grenzen hinweg zu arbeiten, als ich es vor meiner Zeit an der Hochschule Mittweida war.“

Doktoranden aus Kamerun, Ghana und dem Iran mit ihren Professoren Gideon Ngwa und Kristan Schneider (3.v.l. hinten) sowie Dr. Julia Köhler, Referentin Internationalisierung der Hochschule Mittweida.

Doppelabschlussprogramm mit Kamerun auf den Weg gebracht

Dass die inzwischen selbstverständlich genutzten digitalen Formate der Kommunikation die internationale Zusammenarbeit auch erleichtern können, bestätigt Dr. Julia Köhler, Referentin Internationaliseurung an der Hochschule Mittweida. „Die Zusammenarbeit mit Gideon Ngwa werden wir in der Forschung natürlich intensiv fortsetzen, aber wir freuen uns auch auf die Kooperation und das Wiedersehen in der Lehre in unserem neuen Doppel-Masterprogramm mit dem African Institute of Mathematical Sciences in Kamerun, das wir gemeinsam auf den Weg gebracht haben. So bleibt Prof. Ngwa auch nach seiner Rückkehr nach Buea Teil der Hochschulfamilie Mittweida.“